
China ist mit über 50 % Anteil am globalen Onlinehandel längst der größte E-Commerce-Markt der Welt – und seine Plattformen drängen nun massiv nach Europa. Vier Giganten dominieren den Markt: Alibaba, PDD, JD.com und ByteDance erwirtschaften zusammen mehr als 350 Mrd. US-Dollar Umsatz und kontrollieren rund 80 % des chinesischen Onlinehandels. Ihr Wachstum ist atemberaubend: PDD Holdings legte seit 2019 um 300 % zu, Shein sogar um 1.200 %. Der Boom der chinesischen Online-Shops ist nicht zu übersehen.
Deutsche Online-Händler spüren diese Veränderung bereits deutlich. AliExpress verdoppelte seinen Nutzeranteil in Deutschland innerhalb von nur drei Jahren – von 7 % (2022) auf 14 % (2025). Noch beeindruckender ist Temu: Die Plattform erreichte in kürzester Zeit bereits 27 % der deutschen Onlinekäufer:innen und setzte laut Analysenschätzungen über 1 Mrd. € um. Die Frage „Temu oder Shein?“ beschäftigt immer mehr deutsche Konsumenten beim Online-Shopping.
Für deutsche Onlinehändler ist es überlebenswichtig, diese Entwicklung zu verstehen – sei es, um den chinesischen Markt zu erschließen oder um sich gegen die wachsende Konkurrenz chinesischer Plattformen zu behaupten.
Dieser Leitfaden zeigt Ihnen, was Sie 2025 über den chinesischen E-Commerce wissen müssen. Sie erfahren, wie diese Märkte funktionieren, welche Erfolgsfaktoren entscheiden und mit welchen konkreten Strategien Sie in dieser dynamischen Handelslandschaft bestehen.
Chinas Onlinehandel 2025: Zahlen, Plattformen, Dynamik
China dominiert 2025 weiterhin als weltgrößter E-Commerce-Markt. Über 45% aller Einzelhandelstransaktionen laufen bereits online ab – 2025 wird diese Quote die 50%-Marke überschreiten. Der E-Commerce in China wächst unaufhaltsam.
Die Big 4: Alibaba, JD.com, PDD, ByteDance
Vier Hauptakteure teilen den chinesischen E-Commerce unter sich auf, jeder mit eigenem Geschäftsmodell. Die Alibaba Group führt das Ranking der umsatzstärksten E-Commerce-Unternehmen mit ihrer Marketplace-Strategie an. JD.com setzt auf direkten Verkauf mit eigener Lagerhaltung – besonders erfolgreich bei Elektronikartikeln.
PDD Holdings beweist Effizienz: Mit nur 17.400 Mitarbeitern erreicht das Unternehmen eine operative Marge von 34%. Zum Vergleich – Alibaba schafft 15%, JD.com nur 3% bei 517.000 Mitarbeitern. ByteDance, bekannt für TikTok, komplettiert die „Big 4“ und baut seinen E-Commerce über die Social-Media-Plattform Douyin aus.
Wachstum von Temu, Shein und AliExpress
Die europäische Expansion läuft auf Hochtouren. Temus globales Bruttowarenvolumen explodierte von 14 Milliarden US-Dollar (2023) auf 70,8 Milliarden US-Dollar (2024). Allein die EU erreichte 10-12 Milliarden US-Dollar bei 63% Jahreswachstum.
Shein schaffte es 2023 auf Platz 18 der größten deutschen Online-Shops – noch vor Tchibo. AliExpress rangiert mittlerweile als siebtgrößter Online-Marktplatz. Diese chinesischen E-Commerce-Plattformen revolutionieren das Online-Shopping in Deutschland.
Marktanteile in Europa und Deutschland
Deutsche E-Commerce-Zahlen sprechen eine klare Sprache: 2024 gingen fast 6% aller Online-Käufe an chinesische Plattformen – eine Verneunfachung gegenüber 2022. Amazon führt zwar noch mit 77% der Online-Käufer, verliert aber kontinuierlich Anteile. eBay (36%) und Otto (24%) stagnieren.
Temus Durchdringung des deutschen Marktes ist bemerkenswert: 27% der Befragten nutzen bereits die Plattform. Das EU-Bruttowarenvolumen wird 2025 voraussichtlich 15 Milliarden US-Dollar übersteigen.
Ein Detail zeigt die Marktverschiebung deutlich: 55% des gesamten E-Commerce-Umsatzes laufen mittlerweile über Marktplatz-Modelle.
Warum chinesische Plattformen so erfolgreich sind
Chinesische E-Commerce-Riesen haben Geschäftsmodelle entwickelt, die westliche Konkurrenten vor massive Herausforderungen stellen. Ihre Erfolgsstrategien funktionieren so anders als alles, was wir aus Deutschland kennen.
Niedrigpreisstrategie und aggressive Rabatte
Extreme Preispolitik ist das Fundament des chinesischen Erfolgs. Temu setzt auf das C2M-Modell (Consumer-to-Manufacturer) mit Rückwärtsauktionen – Hersteller konkurrieren um den niedrigstmöglichen Preis. PDD Holdings diktiert die Endpreise, während Produzenten Lagerkosten tragen und unverkaufte Ware zurücknehmen müssen.
Diese Niedrigpreisstrategie ist kein Marketing-Trick, sondern langfristige Geschäftsstrategie. Zusätzlich nutzen chinesische Händler geschickt Zollfreigrenzen: Waren unter 800 Dollar (USA) und unter 150 Euro (EU) bleiben zollfrei.
Social Commerce und Livestreaming
Pinduoduo revolutionierte Social Commerce mit seinem Gruppenkaufmodell. „Gemeinsam mehr sparen, mehr Spaß haben“ – je mehr Käufer mitmachen, desto günstiger wird’s. Mit 694 Millionen Nutzern führt Pinduoduo den weltweiten Social Commerce an.
Der chinesische Onlinehandel nutzt intensiv gamifizierte Einkaufsfunktionen für Impulskäufe. Live Commerce entwickelte sich binnen fünf Jahren zum entscheidenden Vertriebskanal. Singles Day 2020: 300 Millionen Taobao-Nutzer verfolgten Live-Streams, 33 Kanäle erzielten jeweils über 15 Millionen USD Umsatz.
Mobile First: Shopping per App
Der chinesische Versandhandel denkt konsequent Mobile First. 99,7% aller chinesischen Internetnutzer greifen mobil aufs Web zu. Das Ergebnis: Super-Apps, die verschiedenste Funktionen vereinen. Künstliche Intelligenz spielt eine zunehmend wichtige Rolle bei der Personalisierung des Einkaufserlebnisses.
Private Traffic über WeChat
WeChat mit 1,3 Milliarden Nutzern ist das ultimative Tool für „Private Traffic“ – Kundenverkehr, den Unternehmen selbst generieren. Anders als „Public Traffic“ auf Marktplätzen gehören diese Nutzerdaten den Marken.
WeChat-Mini-Programme erweitern seit 2017 die Möglichkeiten erheblich. 900 Millionen Nutzer ermöglichen Marken direkten Verkauf ohne Plattformgebühren. Für chinesische Onlinehändler bietet WeChat entscheidende Vorteile beim Kundenbeziehungsmanagement: Fans, Gruppen, Freunde und CRM.
Was deutsche Händler beim Markteintritt beachten müssen
Der chinesische Markt stellt deutsche Händler vor Herausforderungen, die weit über übliche Internationalisierungshürden hinausgehen.
Kulturelle Unterschiede im Kaufverhalten
Deutsche Händler müssen zunächst die konfuzianischen Werte verstehen, die den chinesischen Onlinehandel prägen. Güte, Harmonie und Respekt vor Traditionen bestimmen das Geschäftsleben. Der Aufbau persönlicher Beziehungen – „Guanxi“ genannt – entscheidet über Geschäftserfolg. Chinesen kommunizieren oft indirekt und vorsichtig, besonders bei Problemen.
Chinesische Verbraucher erwarten von Online-Shops:
- Umfangreiche Produktbeschreibungen
- Zahlreiche Produktbilder statt Text
- Bunte, fantasiereiche Designs
Technische Hürden: Firewall, Hosting, Ladezeiten
Die „Great Firewall of China“ schafft massive technische Barrieren. Sie verlangsamt nicht nur den Datenverkehr zwischen China und anderen Ländern erheblich, sondern blockiert westliche Dienste wie Google Analytics und YouTube.
Für funktionsfähige Online-Shops existieren drei Optionen: Server mit direkter Anbindung ans chinesische Netz, Proxy-Server in China oder komplettes China-Hosting. Die beiden letzteren Varianten erfordern eine ICP-Lizenz („Internet Content Provider License“), die nur über chinesische Partner beantragt werden kann.
Zoll, Logistik und rechtliche Rahmenbedingungen
Einheitliche Rechtsvorschriften für den chinesischen Onlinehandel fehlen noch immer, obwohl das E-Commerce-Gesetz die Regulierung verschärfte. Das Gesetz unterscheidet zwischen Plattformanbietern und Betreibern eigener Websites.
Freihandelszonen (FTZ) bieten beim grenzüberschreitenden E-Commerce (CBEC) erhebliche Steuervorteile durch ermäßigte Importtarife. Ausländische Händler benötigen laut E-Commerce-Gesetz einen „Verantwortlichen“ in China, der gegenüber chinesischen Behörden für Kundenbeschwerden, Produktrückrufe und andere Qualitäts- sowie Sicherheitsverpflichtungen haftet.
Strategien für deutsche Händler im Onlinehandel China
Deutsche Unternehmen haben mehrere Wege, den chinesischen Markt zu erschließen – jeder mit eigenen Anforderungen, Kosten und Erfolgschancen.
Cross-Border E-Commerce als Einstieg
Cross-Border E-Commerce (CBEC) bietet den direktesten Weg nach China. Deutsche Händler verkaufen ihre Waren online an chinesische Konsumenten, ohne physische Niederlassung vor Ort. Mit 847 Millionen mobilen Nutzern wartet enormes Potenzial auf Sie. CBEC spart Zeit und Aufwand – komplexe Registrierungsprozesse, Importtests und teilweise Importsteuern entfallen.
Verkauf über Tmall Global und JD Worldwide
Tmall Global kontrolliert 25% der Alibaba-Marktanteile und arbeitet mit 14.500 Marken aus 63 Ländern. Die Plattform erreicht 430 Millionen Kunden. Alibaba empfiehlt die Zusammenarbeit mit zertifizierten „Tmall-Partnern“ für optimale Ergebnisse.
JD.com bietet über 266 Millionen Nutzern verschiedene Partnerschaftsmodelle – von JD Marketplace bis JD Direct Sales. Das JD Logistics-Netzwerk mit fast 90 Lagerhäusern verschafft zusätzliche Vorteile.
Eigener Onlineshop vs. Marktplatz
Die Entscheidung hängt von Ihren Prioritäten ab:
Marktplatz-Vorteile: Geringere Anfangskosten, sofortige Reichweite, einfacherer Einstieg Eigener Shop-Vorteile: Markenaufbau, Besitz der Kundendaten, freie Preisgestaltung
Erfolgreiche deutsche Händler starten meist auf Marktplätzen, testen dort den Markt und entwickeln parallel ihren eigenen Onlineshop.
WeChat als Vertriebskanal nutzen
Über eine Milliarde aktive Nutzer machen WeChat zum unverzichtbaren Verkaufskanal. Deutsche Unternehmen verkaufen über WeChat-Shops oder Mini-Programme. WeChat Pay deckt zusammen mit Alipay 93% des mobilen Zahlungsverkehrs ab – für ein nahtloses Einkaufserlebnis.
Produktkategorien mit hoher Nachfrage
Diese Kategorien zeigen besonders starke Nachfrage:
- Gesundheits- und Beautyprodukte
- Haushaltswaren und Schreibwaren
- Home-Fitness-Artikel
- Nahrungsergänzungsmittel
- Qualitativ hochwertige Nischenprodukte
Fazit
Deutsche Online-Händler müssen 2025 eine klare Entscheidung treffen: Verstehen Sie die Mechanismen des chinesischen E-Commerce oder riskieren Sie, von dieser Entwicklung überrollt zu werden.
Die chinesischen Erfolgsstrategien – extreme Preispolitik, Social Commerce, Mobile-First und WeChat-Integration – funktionieren nach völlig anderen Regeln als traditionelle deutsche Geschäftsmodelle. Wer erfolgreich bleiben will, muss diese Unterschiede nicht nur verstehen, sondern auch strategisch darauf reagieren.
Cross-Border E-Commerce bietet deutschen Unternehmen den direktesten Einstieg in den chinesischen Markt. Plattformen wie Tmall Global oder JD Worldwide öffnen Ihnen sofort Millionen potenzielle Kunden. Doch die Entscheidung zwischen eigenem Shop und Marktplatz-Verkauf erfordert sorgfältige Abwägung Ihrer Ressourcen und Ziele.
Die Hürden sind real: Konfuzianische Geschäftskultur, technische Barrieren durch die „Great Firewall“ und komplexe rechtliche Anforderungen fordern gründliche Vorbereitung. Ohne lokale Partner wird der Markteintritt schwierig.
Entscheidend ist: Das Verständnis chinesischer E-Commerce-Modelle wird 2025 zur Kernkompetenz für jeden deutschen Onlinehändler – egal ob Sie selbst nach China expandieren oder sich im Heimatmarkt gegen die wachsende Konkurrenz behaupten müssen.
Wer die Mechanismen des weltgrößten E-Commerce-Marktes beherrscht, sichert sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil für die Zukunft. Damit Sie diesen Vorsprung nutzen können, brauchen Sie ausreichend Liquidität – von Lagerfinanzierung bis Marketingbudget. Genau hier unterstützt fulfin: mit flexiblen Finanzierungslösungen für E-Commerce-Unternehmen.
Referenzen
[1] – https://www.ecommercebridge.de/der-deutsche-e-commerce-markt-steht-vor-einem-grosen-umbruch-da-chinesische-plattformen-an-boden-gewinnen/
[2] – https://de.statista.com/infografik/34789/anteil-der-befragten-die-innerhalb-der-letzten-12-monate-bei-diesen-onlineshops-eingekauft-haben/
[3] – https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/china-das-machen-temu-und-shein-richtig/100063922.html
[4] – https://de.statista.com/outlook/emo/ecommerce/china
[5] – https://www.fedex.com/de-de/campaign/small-business-hub/trends-and-insights/spotlight-on-china.html
[6] – https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1023198/umfrage/marktanteil-von-unternehmen-in-china-nach-e-commerce-umsatz/
[7] – https://www.kavout.com/market-lens/top-china-e-commerce-stocks-alibaba-vs-jd-vs-pdd
[8] – https://de.marketscreener.com/kurs/aktie/PDD-HOLDINGS-INC-45049866/news/Wie-steht-PDD-im-Vergleich-zu-anderen-gro-en-chinesischen-E-Commerce-Unternehmen-da-47771122/
[9] – https://cross-border-magazine.com/de/neue-seidenstrasse-temu-aufstieg-in-der-eu/
[10] – https://www.welt.de/wirtschaft/article255224492/Temu-Shein-AliExpress-Diese-Zahlen-zeigen-ihre-wachsende-Macht-in-Deutschland.html
[11] – https://www.telepolis.de/features/Temu-Wie-der-China-Riese-Amazon-Co-das-Fuerchten-lehrt-10310452.html
[12] – https://zeevan.com/so-funktioniert-live-commerce-in-china/
[13] – https://ashleydudarenok.com/livestreaming-in-china/
[14] – https://www.k5.de/kompakt/der-e-commerce-in-china-und-seine-spielregeln/
[15] – https://www.mymypanda.com/unlocking-china-ecommerce-potential-with-private-traffic/
[16] – https://www.octoplusmedia.com/what-is-private-traffic-introduction-to-wechat-private-traffic/


