Experten Interview mit Madeline von Taxdoo

Die Umsatzsteuer ist schon längst keine reine Buchhaltersteuer mehr, bei der man einfach von 19% auf alles ausgeht. Onlinehändler müssen sich, sofern sie erfolgreich in der gesamten EU tätig sein wollen, daher nicht nur mit deutschem Steuerrecht auseinandersetzen. Taxdoo bietet daher ein cloudbasiertes Financial Operating System, das es Onlinehändlern ermöglicht, ihre Umsatzsteuerprozesse im EU-Ausland, die Finanzbuchhaltung – und im Laufe des Jahres auch die Rechnungsstellung und andere Funktionen im Bereich der Financial Compliance – über eine einzige Plattform zu automatisieren. So bleibt mehr Zeit für das, was wirklich zählt – das Kerngeschäft.

Madeline Hirt ist Partner Managerin bei Taxdoo, selbst schon seit 2020 im Unternehmen tätig und konnte dessen rasantes Wachstum beobachten.
Wie sich Taxdoo von der Idee bis zu einem stetig wachsenden Start-up entwickeln konnte und was die Zukunft bereithält, erfahrt ihr in diesem spannenden Experten-Interview mit Madeline Hirt.

Was hat euch dazu motiviert, Taxdoo zu gründen?

Die Gründung von Taxdoo war eigentlich fast ein reiner Zufall. Roger – unser CEO und Co-Founder von Taxdoo – hat viele Jahre für die Landes- und Bundesfinanzverwaltung im Bereich Umsatzsteuer gearbeitet und anschließend dann die Steuerabteilung einer Forschungseinrichtung in Hamburg geleitet. Irgendwann wollte er aus der Steuerwelt aussteigen und lieber etwas mit “Finance” machen.

Während seiner Promotion an der Uni Hamburg hat er schließlich seine beiden Mitbegründer Matt und Christian kennengelernt. Die Idee, ein Unternehmen zu gründen, kam jedoch in erster Linie von Matt.

Roger war nebenbei als Steuerberater tätig und hatte dabei vor allem Gutachten im E-Commerce verfasst. Viele Onlinehändler kamen danach auf ihn zu und haben nach konkreten Lösungen gefragt, wie sie ihre Umsatzsteuererklärung in anderen Ländern möglichst automatisiert abgeben können. Eine solche Lösung gab es zuvor einfach noch nicht.

So war dann schließlich die Idee zu Taxdoo geboren: Mit Matt’s Wissen über die Erstellung der Software, Rogers steuerlichen Background und Christian als Bindeglied zwischen IT & Umsatzsteuer. Das heißt, mit dem Verständnis beider Denkweisen, wollten sie das Leben der Onlinehändler vereinfachen und als Sprachrohr zwischen der agilen Welt des E-Commerce und der Einhaltung von Steuervorschriften fungieren. Besser gesagt: komplexe Regularien in einfache Prozesse übersetzen. So begann in 2016 schließlich die Reise von Taxdoo.

Ihr habt in eurer letzten Finanzierungsrunde 64 Millionen Dollar eingesammelt, herzlichen Glückwunsch! Welcher Bereich wird nun am stärksten von dem frischen Geld profitieren?

Vielen Dank erst einmal für die Glückwünsche! 

Natürlich fließt viel Kapital in die Entwicklung neuer Produkte und die Präzisierung aktueller Prozesse. Aber auch in die weitere Internationalisierung, um uns als Financial Operating System für den E-Commerce zu etablieren. 

Darüber hinaus arbeiten wir daran, ein Dashboard nur für Steuerkanzleien zu erstellen, mit dem die Verwaltung von beliebig vielen Mandanten noch einfacher und übersichtlicher gestaltet wird.

Ein großer Teil fließt aber auch in das Onboarding neuer Mitarbeiter. Wir sind ständig auf der Suche nach neuen Talenten, die die Regulatorik antizipieren, sie mitgestalten und an neuen Lösungen arbeiten wollen, aber auch nach Menschen, die ihre Stärke darin sehen, unsere Services und Produkte zu verbessern und die aktuellen Strukturen zu “challengen”.

Welche Kunden profitieren am meisten?

Mit Taxdoo profitieren vor allem Onlinehändler, die nicht nur ihre Ware im Sitzstaat vertreiben, sondern sich auch trauen, grenzüberschreitend im EU-Ausland zu verkaufen.

Hierbei stehen sie häufig vor der Herausforderung, den Überblick über die verschiedenen Transaktionen und Verkaufskanäle zu behalten. Gerade Kunden, die Warenlager im Ausland nutzen – oft über verschiedene Fulfillment-Anbieter – sind sich ihrer Umsatzsteuerpflicht größtenteils nicht einmal bewusst.

Unsere typischen Kunden beginnen in der Regel mit dem Verkauf über Amazon und andere Marktplätze und wachsen schließlich über diese Plattformen hinaus und verkaufen dann über ihren eigenen Shop. 

Ich denke auch, dass besonders durch die im letzten Jahr eingetretene Umsatzsteuer-Reform und die damit einhergehende Einführung des sogenannten One-Stop-Shops (OSS), stehen nicht mehr nur Onlinehändler im Fokus der Finanzbehörden. Vielmehr rücken nun auch die Marktplätze in den Fokus, die nun unter gewissen Umständen, selbst für die Umsatzsteuerabführung ihrer Händler zuständig sind.

Wer ist also der typische Taxdoo-Kunde?

Alle Onlinehändler. Unser Service passt sich ganz dem Kunden an und wächst sogar mit ihm.

Mit unseren neuen Preismodellen, die seit dem 15. März auf dem Markt sind, können wir inzwischen auch kleine Onlinehändler mit einem Bruttowarenvolumen (GMV) von weniger als 1.000 € unterstützen.

So passt sich unser Preis dem Umsatz und den gewünschten Add-ons des Kunden an und bietet jedem Onlinehändler das optimale und individuelle Produktpaket. Jeder findet so das Passende für sich!

Ihr helft euren Kunden stets einen Überblick über ihre Steuerpflichten zu erhalten, wie gelingt euch das?

Das ist eigentlich ganz easy. Wir haben Schnittstellen zu den gängigen Marktplätzen (z.B. Amazon oder eBay), Shop- und ERP-Systemen, damit wir alle umsatzsteuerlich relevanten Transaktionen vollautomatisch einspielen und auswerten können.

Das heißt, wir haben ein cloudbasiertes Kunden-Dashboard entworfen, in dem unsere Kunden ihre Verkaufskanäle anbinden und ihre Transaktionen überwachen können. Dabei werden alle Verkäufe, Retouren, Gutschriften und Warenbewegungen innerhalb der EU und GB gefiltert – ganz automatisch!

So werden unseren Kunden auf einfache Art und Weise alle relevanten Daten aufgezeigt, die ihnen helfen, den Überblick zu behalten, auch wenn sie nicht die größten Steuerexperten sind.

Darüber hinaus werden die gesammelten Daten aufbereitet und umsatzsteuerlich korrekt ausgewertet. Daraus entstehen verschiedene Exporte für die Buchhaltung und auch für die Umsatzsteuermeldungen, wie für den OSS. Anschließend werden die Daten auch an unsere Partner-Kanzleien im EU-Ausland und Großbritannien übermittelt, um hier die lokalen Meldungen unserer Kunden durchzuführen.

Das Beste an unserem Produkt ist jedoch, dass man auch seinem Steuerberater einen Benutzer-Zugang erstellen kann. So kann sich der Onlinehändler eigentlich komplett zurücklehnen und die Experten machen lassen.

Was wären die typischen Steuerfallen, über die sich ein Onlinehändler im Klaren sein muss?

Oh, da gibt es so einige! Wenn man grenzüberschreitend verkauft, dann fällt in den meisten Fällen die landestypische Umsatzsteuer-Sätze auf den Verkauf an. Und hier fangen die Probleme schon an! Denn um ehrlich zu sein, welcher Onlinehändler weiß, wie hoch die Umsatzsteuer in Frankreich ist oder zu wie viel Prozent Bücher in Spanien versteuert werden? Wenn ein Onlinehändler den One-Stop-Shop nutzt, geht das Finanzamt jedoch einfach davon aus, dass er alle Umsatzsteuer-Raten korrekt bestimmen kann. Was natürlich selten der Fall ist.

Durch die eingetretene Umsatzsteuer-Reform in 2021, gibt es keine sogenannten nationalen Lieferschwellen mehr, sondern einen EU-weit einheitlichen Schwellenwert von 10.000 € – doch wann weiß ich, wann dieser überschritten wurde?

Für Onlinehändler, die Lager im Ausland nutzen, wird es sogar noch komplizierter, denn hier müssen einige Transaktionen aus umsatzsteuerlicher Sicht, wieder lokal gemeldet werden. Also ist sicherlich die größte Herausforderung die korrekte Einordnung jeder einzelnen Transaktion: Wann melde ich lokal? Was melde ich über den OSS? Brauche ich eine lokale Umsatzsteuer-ID? Welcher Umsatzsteuer-Satz fällt bei dem jeweiligen Verkauf an? Und, und, und…

Wenn man Multichannel-User ist, muss man aber auch bedenken, dass dem Händler nun verschiedene Transaktionslisten vorliegen, aus denen alle Transaktionen korrekt klassifiziert werden müssen. Bei mehreren Tausend Transaktionen kann das natürlich nicht fehlerfrei verlaufen. Wenn man jetzt auch noch außerhalb der EU Handel betreibt, wird es noch komplizierter.

Also wir sehen, dass es auf dem Weg der Internationalisierung viele Steuerfallen für Onlinehändler gibt, die zu erheblichen Problemen führen können, wenn diese nicht beachtet werden.

Was kann Taxdoo besser als andere Anbieter?

Das ist einfach: Taxdoo ist innovativ! So haben wir zum Beispiel eine eigene RegTech-Abteilung, die sich tagtäglich mit den neuen umsatzsteuerlichen Herausforderungen auf dem Markt beschäftigt, Informationen für unsere Kunden sammelt und auch den Finanzapparat und die Behörden immer wieder auf den Prüfstand stellt.

Hinzukommt, dass wir im ständigen Austausch mit Onlinehändlern, Steuerberatern Techies, aber auch Partnern wie euch stehen, um unsere Prozesse und Programme zu verbessern. Aus diesen Erkenntnissen entstehen dann Blogbeiträge, Mailings, Webinare und vieles mehr, damit unsere Kunden stets darüber informiert sind, was sich aktuell an der Schnittstelle zwischen E-Commerce, Umsatzsteuer und Finanzbuchhaltung verändert.

Ein großer Pluspunkt ist natürlich, dass wir unseren Sitz zentral in Hamburg haben und unseren Kunden einen persönlichen und mehrsprachigen Customer Support anbieten – so sind wir nicht nur transparent, sondern auch ansprechbar.

Ein weiterer Vorteil ist mit Sicherheit auch die Anzahl an Schnittstellen, die wir unseren Kunden anbieten können. Aktuell sind es 14, und im Laufe des Jahres 2022 werden sicherlich noch weitere hinzukommen. Auch eine offene Programmierschnittstelle bieten wir unseren Kunden, damit sie ihr individuelles System anbinden können.

Wo siehst Du Taxdoo in drei Jahren?

Taxdoo wird sich durch die stetige Internationalisierung im europäischen Markt definitiv als Marktführer etabliert haben, da die rechtlichen und technologischen Grundlagen hierzu in den letzten Jahren einfach bereits geschaffen worden sind. In diesem Zusammenhang werden Kooperationspartnerschaften immer wichtiger. Zusätzlich werden wir das Produktportfolio weiter ausgebaut haben und unseren Kunden ein “Rundum-sorglos-Paket” anbieten.

Unser Ziel ist es, die erste und einzige Anlaufstelle für Onlinehändler und ihre Steuerberater zu sein, wenn es darum geht, den Onlinehandel der Kunden mit unseren smarten Lösungen zu vereinfachen und voranzutreiben. Und da bin ich von überzeugt, dass uns das auch gelingen wird.

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