Interview mit Jennifer Schwade von SHAPE ME

Shapewear ist in den USA bereits seit Jahren ein großes Thema – hier im deutschsprachigen Bereich noch eine Nische. Wann kamst du zum ersten Mal mit Shapewear in Kontakt und was hat dich motiviert SHAPE ME zu gründen?

Mit Shapewear kam ich schon sehr früh in Kontakt, da ich durch meine irische Mama, Tanten und Cousinen quasi mit Shapewear aufgewachsen bin. In anderen Ländern ist Shapewear schon längst Teil eines jeden Kleiderschrankes. In USA, Australien oder Großbritannien z.B. gilt Shapewear als alltagstauglich und Frauen stehen dazu, dass sie Shapewear tragen. Ich wollte unbedingt diesen selbstverständlichen Umgang damit auch nach Deutschland bringen. Wir Frauen gehen doch mittlerweile sehr offen mit unserem Aussehen um. Wir tragen BHs, um unsere Brust zu formen, gehen zum Frisör, um unseren Ansatz zu kaschieren und schminken uns meist täglich. Warum also nicht Unterwäsche tragen, die uns wohlig umhüllt und sicheren Halt gibt?

Eure Philosophie ist es die Schönheit und Weiblichkeit jeder Frau zu unterstreichen. Wie gelingt euch das? Was macht SHAPE ME aus und warum sollte jede Frau eines eurer Teile besitzen? 

Unsere Philosophie ist das Shapewear Spass machen und ein gutes Gefühl vermitteln soll, denn wir finden Ausstrahlung fängt mit Wohlfühlen an. Es geht vor allem darum, dass man sich mit Shapewear gut fühlt und das anzieht worauf man Lust hat. Shapewear besteht mittlerweile aus einer großen Produktvielfalt. Es gibt fast für jedes Bedürfnis die passende Shapewear und dabei gab es nicht nur einen riesigen Sprung in der Qualität der Entwicklung und Stoffe, sondern auch im Design. Wir haben Produkte mit unterschiedlichen Shaping-Graden (von 1 bis 3), so ist wirklich für jede Frau etwas dabei. Genau das macht uns aus!
Ich persönlich liebe und trage im Alltag viel Shapewear, weil ich mich darauf verlassen kann, dass mein kleiner Blähbauch nicht hervor scheint und ich mich bei Meetings nicht um meine Sitzposition oder Haltung kümmern muss. Die Kleidung sitzt gut und ich kann mich auf das Wesentlich konzentrieren. Jede Frau sollte eine so hübsche, kleine Alltagshilfe nutzen.

Shape me ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Was glaubst du sind die Erfolgsfaktoren? Welche Entscheidungen waren wegweisend? 

Wir setzen auf einen Customer First Ansatz. Das bedeutet, dass wir großen Wert auf qualitativ hochwertigen Content legen. Wir nehmen uns Zeit jede Kundin individuell zu beraten, um für sie das perfekte Produkt zu finden. Uns ist vor allem die nachhaltige Kundenzufriedenheit wichtiger, als kurze schnelle Sales. Denn wir möchten mit SHAPE ME langfristig die Nummer ein für Shapewear sein.
Dagegen ist unser Marketing Ansatz im backend extrem datengetrieben. Unser schnelles Wachstum ist hauptsächlich auf Performance Marketing zurückzuführen. Hier geht es vor allem um Kampagnen mit starkem ROAS, um schnell auf den vorhanden Markt zu reagieren und um ein gutes retargeting.

Euer aktuelles Geschäftsmodell unterscheidet sich von dem Geschäftsmodell, mit dem ihr gestartet seid. Wie kam es zu diesem Pivot? Und was hast du aus dem Pivoting-Prozess für dich als Unternehmerin mitgenommen? 

Wir haben uns für eine Pivot entschieden, weil wir mit dem ersten Produkt zu schnell in den Markt gestartet sind ohne vorher den Markt wirklich zu verstehen. Ich habe mein Leben in Ländern verbracht , in denen Shapewear als normaler Alltagsartikel betrachtet wird. Jede Frau in den USA z.B., in UK und auch in Australien kennt Shapewear, vielen tragen es sehr gerne und stehen dahinter. Umso erstaunter war ich, dass Shapewear in Deutschland oft noch so negativ behaftet ist.
Mit unserem eigenen ersten Produkt sind wir somit in einen Markt gedrungen, in dem es erst einiges an Aufklärungsarbeit vorab geleistet werden musste. Wir haben das jedoch auch als große Chance gesehen, die ersten zu sein, die das Image von Spanx, Skims und Co aus den USA nach Deutschland zu bringen.

Die Blue Ocean Strategie ist ein Instrument im Business Development. Die Grundidee ist, dass Unternehmen neue Märkte, sog. Blue Oceans schaffen, wie du es mit shapeme hier im deutschsprachigen Bereich machst. Welche besonderen Herausforderungen bergen solche Geschäftsmodelle? Wie hast du gelernt an diese heranzugehen? 

Wir wissen, dass das Thema Shapewear in Deutschland noch “Zeit” benötigt und die Meinungen teilweise noch negativ behaftet sind. Deshalb setzen wir bei SHAPE ME auf Aufklärung und Geduld, um auf jede Unsicherheit, jeden Kommentar zu reagieren. Wir sehen enormes Potenzial, weil bisher keiner durch qualitativ hochwertigen Content und dem Customer First Ansatz den vorhanden Markt disruptiert und erweitert. Wir setzen hier voll und ganz auf das first mover advantage, da wir eine Marktlücke entdeckt haben.
Die größte Herausforderung ist ganz klar das fehlende Kapital für Branding und PR Maßnahmen. Wir schaffen es zwar den vorhanden Markt mit Performance Marketing zu bedienen, aber um den Markt zu erweitern oder einen blue ocean zu kreieren, ist Branding und PR extrem wichtig. Wir benötigen Marketingmaßnahmen, die sich kurzfristig nicht rentieren, die jedoch auf einen langfristigen Markenaufbau zielen. Das ist für ein Startup ohne VC funding schwierig. Die funding Situation in Deutschland spielt uns hierbei leider nicht in die Karten, denn VCs investieren hauptsächlich in B2B, SaaS, FinTech, HealthTech und Nachhaltigkeit. B2C Startups haben weiterhin Schwierigkeiten Kapital einzusammeln. Noch dazu haben wir ein sehr weibliches Produkt. Die VC Landschaft in Deutschland ist sehr männlich und viele (natürlich nicht alle ;-)) tun sich mit unserem Thema schwer.

Über die Jahre konntest du bereits einige Erfahrung sammeln, wie man Geschäftsmodelle im Sinne der Blue Ocean Strategie aufbaut. Was rätst du GründerInnen, die sich mit Ihrem Geschäftsmodell neue Märkte erschließen wollen? Was waren deine größten Learnings?

Das allerwichtigste ist meiner Meinung nach eine saubere und tiefe Marktanalyse. Das habe ich durch die Geschwindigkeit und den Druck, der hinter unserer Gründung und dem Launch unseres ersten Projekts stand, leider zu wenig gemacht. Der Pivot war somit aus einer Notsituation heraus überlebensnotwendig. Des Weiteren würde ich vor Gründung und Launch einen klaren Marketing Plan erstellen mit möglichst mittellang fristiger Finanzplanung und von Anfang an ein Netzwerk an Partnern aufbauen, die alle fehlenden Kompetenzen ergänzen.

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